Der Gelehrte in der deutschen Vergangenheit / Mit 130 Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem fünfzehnten bis achtzehnten Jahrhundert.

  • Reicke, Emil, 1865-1950.
Date:
1900
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Credit: Der Gelehrte in der deutschen Vergangenheit / Mit 130 Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem fünfzehnten bis achtzehnten Jahrhundert. Source: Wellcome Collection.

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    häußg oorfarn, in einer 3cüe iljreg kloßerg ein* mauern liefen unb in biefer feltfamen Sage eine nicht unbeträchtliche wiffenßhaftliche Xhätigfeit entfalteten. ©olch eine freiwillig gewählte ©efangenßhaft bürfte beute alg nic^t befonberg förberlid) für einen Oefc^ic^töfrfjreiber gelten. Unb bod) hat einer biefer Eingemauerfen, Sttarianug ©cotug (f etwa 1083) mit feinem big auf bie eigene Seit fortgefe£fen Ehronicon einen bebeutenben 3iuf erlangt. Eg waren alterbingg f>a«ptfdd?lic^ bie chronologifdjen Vorzüge, bie an biefem ©erfe bewunbert würben. $ür folcf>e, man barf faß fagen, für alle gelehrten Arbeiten waren bie Flößer ber einzig mögliche Ort. Senn nur hier gab eg bie nötigen litferarißhen hilfgmittel in ben Bibliothefen. 9?ur ein ?£Röncf) fonnte bamalg $u bem ©pikanten beg Büd)erfaffeg (vas libro- rum) fomrnen, wie im Anfänge beg ii.^afjr* hunbertg wegen feiner ©elehrfamfeit ber ^Jropß 3lbalbert oon Benebiftbeuern. V3er aber nicht gerabe in bie Vergangenheit jurüefging, etwa um — bag gewöhnliche 0ieful^ tat — bie ganze VMtgeßhichte in einem neuen kompenbium zufammenzufaffen, für ben hatte bie ©eßhichtgßhreibung etwag ßarf ^Jraftißheg, aug bem Seben genommeneg. Eg würben bamalg nicht fo oiele Bücher gewälzt wie heutzutage, man oerlief ßd) auf feine eigenen Beobachtungen, auf bie Berichte oon Augenzeugen u. f.w. 3mmer* hin macht man ßch fchwer einen Begriff baoon, wag eg in bamaliger Seit bebeutete, aug ber Enge eineg kloßerg heraug <®5efd)idjte ju fchreiben. Xrofcbem ober gerabe beghalb bilbet bie ©e* ßhichtgßhreibung einen Ehrentitel in ber littera* rifchen Xhätigfeit beg mittelalterlichen ©eiehrten, freilich nahm man eg babei mit ber Wahrheit nicht immer allzugenau. Sßicfß nur baf ber ge* fchiclßfchreibenbe SEftönch bie Xhatfachen oon feinem Eßarteißanbpunfte aug oerbrehfe unb ent* ßellte, baf er oerßhwieg, wag ju berühren un* angenehm war: auch offenbare gälßhungen jelbß oon Urfunben waren burchaug nicfßg fei* teneg, um wirtliche ober oermeintliche Ütecfße bamit zu ßüjsen. Unb eg waren nicht bie unbe* beutenbßen unb ficher nicht bie ungeteljrfeßen Seute, bie ßch z« berlei Sälfdjungen hergaben. $0?an bachte in biefen Singen überhaupt naioer. Sag wiffenßhaftliche Ehrgefühl war noch gänj* lieh unentwicfelt. Safjer auch tue fo h<*ußgen Betrügereien bei Bibliotheken, bie eg gefährlich machten, ein Buch zu oerleihen. 2l(g bie ©t ©aller Mönche oor ben Ungarn fügten muften, ßhafften ße ihre Bücher nad) Reichenau. Alg ße ße wieber jurücf erhielten, ßimmte zwar bie Sahh aber eg waren nicht ganz biefelben. Saher auch bie für unfern heutigen ©tanbpunft fo befremb* liehen maffenljaffen Plagiate an Wörtern, SKebe* wenbungen unb ganzen langen @ä£en, oon benen namentlich bie Bibel unb bie antifen ©chriftßeller betroffen würben. Einer ber tüclßigßen £»ißo* rifer beg beutfehen SDftttelalterg, Üiagewin, über* nahm für feine ©cfßlberung ber Xhaten Barba* roffag ganze ©eiten aug bem ^ofephug. Sie SVirfung ber EjJrofa follte oielfach erhöht werben burch einen reimartig auglaufenben ©chluf ber ©ajßeile ober fogar burch h^ußge Einmißhung oon Verfen. Sejßereg iß für jene Seit charafterißißh. Ser gelehrte SOtönch war meiß ein Eßoet; ber Eßoet, natürlirf> nur ber kunß* poet in lateinißher ©pradje, faß nur ein gelehrter ©eißlicher. Sag hatte er auf ber kloßerßhule gelernt, baf ihm bie Verfe ebenfo leicht aug ber ^eber ßoffen wie bie Eßrofa. Eg war ©eßhmacfg* fache, nicht fowohl ©ad)e beg könneng, wenn ein SSttönd) für irgenb einen bibaftißhen Swecf, j. B. ein ©efclßchtgwerf bie poetißhe Sarßellung anßatt ber 5ßrofa wählte. 5Q3irfliche Sichter ßnben fiel) natürlich nicht allzuhäufig, aber nicht fo wenig, wie man biefer ©chulpoeße wohl Zutrauen möchte. 3d) nenne SBalahfrib ©trabo, zulejst Abt oon Reichenau (f 849), begwegen, weil ßch in feinen Sichtungen bereifg ein feiner ©inn für Sßaturßhönbeit funb thut. ©ein Hortulus, eine Beßhreibung feineg kloßergärtdjeng in 444 hepametern. oerrät auch ßhon jene Siebe zu ben Blumen unb jur Blumen* Zud)t, ber wir gar nicht fetten atg einer liebeng* werten Eigenßhaß beg beutßhen ©eiehrten begegnen. kümmerlicher war bag Vaterlanbggefüfjl aug* gebilbet. Eg ßnbef ßch zwar, $. B. bei Slaban unb Otßieb, alg nationaleg ©elbßbewuftfein, trat aber ßarf jurücf hinter bem ©efühl ber kirchlichen