Die Funktion der Pulsadern und der Kreislauf des Blutes in altrabbinischer Literatur / von Dr. S. Mendelsohn.

  • Mendelsohn, Samuel, 1850-1922.
Date:
1920
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Credit: Die Funktion der Pulsadern und der Kreislauf des Blutes in altrabbinischer Literatur / von Dr. S. Mendelsohn. Source: Wellcome Collection.

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    gemacht hat, war nur das Resultat seiner gewissenhaften Befolgung der fachgemäßen Vorschriften. Diese waren jedoch von den Rabbinen auf Grund vorheriger Nachforschungen im Gebiete der Physiologie gemacht1). Ohne solche Nachforschungen würden viele rabbinische Richteraussprüche, die mit gerichtlicher Medizin Zu¬ sammenhängen, ganz unerklärbar sein. Um dies an einigen Bei¬ spielen zuverlässig darzulegen, dürfen wir den Anschein der Weit¬ schweifigkeit nicht scheuen; es wird sich nachträglich zeigen, daß diese genauere Besprechung für unsere Beweisführung ganz unent¬ behrlich ist. Das mosaische Gesetz verordnet, daß der Bruder eines kinder¬ los verstorbenen Mannes dessen Witwe zu heiraten hat, und ver¬ bietet der Witwe, einen anderen Mann zu heiraten, wenn der Schwager sie zur Ehe begehrt, was der Witwe keine Wahl läßt. — Gesetzt nun, ein kinderloser Mann habe eine schwere Ver¬ wundung am Halse erlitten. Er fühlt sein Lebensende herannahen y d weiß, daß nach seinem Tode seine hinterbliebene Witwe dem Willen seines Bruders anheimgestellt wird. Er wünscht, dies abzu¬ wenden ; wie aber ist dies möglich? Vermittelst eines Scheide¬ briefes! Nur der Lebende kann jedoch einen Scheidebrief aus¬ stellen, und dieser Mann, dessen Lebensorgane tödlich verletzt sind, ist im Sterben, beinahe schon tot. Dessenungeachtet gestattet das rabbinische Gesetz seinem Verlangen nachzugeben, da er ja noch lebt, obgleich er an seinen Wunden unbedingt sterben muß2). Und folgenden Fall: Die Bibel verordnet die Einführung von Zufluchtsstätten, in denen der unvorsätzliche Totschläger gegen den Bluträcher geschützt werden soll. In nachbiblischen Zeiten änderte sich der Charakter dieser Vorschrift insofern, daß aus freiwillig genommener Zuflucht gesetzmäßige Verbannung wurde, die eigentlich die Strafe für den durch UnVorsicht verursachten Totschlag war; und diese Strafe wurde erlassen, wenn der Unfall nicht in kurzer Zeit den Tod des Beschädigten zur Folge hatte, oder wenn Grund zu der Annahme vorlag, daß der Tod durch J) Selbst in Kleinigkeiten wollten die Rabbinen keinen Bescheid geben, ohne daß sie den Vorgang genau verstünden. Sie befolgten ihr Grundprinzip: »Ist dir die Sache so klar wie der Morgen, so sprich, sonst nicht« (Sanh. 7 b). 2) Jebamot 120b; Gittin 70 b. Jenaer med.-hist. Beiträge n. Mendelsohn, Pulsadern-Funktion. 2