Die Funktion der Pulsadern und der Kreislauf des Blutes in altrabbinischer Literatur / von Dr. S. Mendelsohn.

  • Mendelsohn, Samuel, 1850-1922.
Date:
1920
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Credit: Die Funktion der Pulsadern und der Kreislauf des Blutes in altrabbinischer Literatur / von Dr. S. Mendelsohn. Source: Wellcome Collection.

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    angeschnitten sind, sind in dem Ritualfalle auch die Halsadern geöffnet. Die Rabbinen wußten, daß in den beiden juridischen Fällen die Verletzten, gesetzt, sie wären unheilbar1), einen verhältnismäßig langsamen Tod erleiden würden. Im Ritualfalle dagegen, nach¬ dem der Schächter in gewissenhafter Erfüllung seiner Pflicht sowohl die Blutgefäße wie die beiden Röhren durchschnitten hat, wußten sie, daß dem Tiere Bewußtsein und Gefühl fast augen¬ blicklich genommen sind; das Abschneiden eines Stückes Fleisch vom durchschnittenen Hals kann dem geschlachteten Tier keine Schmerzen verursachen. VI. Änastomosis. Das Studium der auf Schächtung bezüglichen rabbinischen Vorschriften führt nicht nur zur Überzeugung, daß den Verfassern jener Vorschriften die wahre Funktion der Pulsadern bekannt war, es erweckt auch den Gedanken, daß die Rabbinen, obschon sie keine regelrecht geschulten Angiologen waren, unbedingt einen Begriff von der Existenz gewisser Verbindungen zwischen allen Arterien und Adern hatten. Dr. Way kann Galens Fehlschlag, den Kreislauf des Blutes ausfindig zu machen, nicht erklären. Er sagt: »Warum Galen den Kreislauf des Blutes nicht entdeckt hat, ist mir immer ein rätselhafter Gedanke gewesen«. Dies sagt er angesichts der unbezweifelten Tatsache, daß die Zeit- und Standes¬ genossen Galens nur die Funktion einer Hälfte der Blutgefäße kannten, da sie die Pulsadern für Luftröhren hielten. Wie wäre demnach ein gleicher Fehlschlag seitens der Rabbinen zu erklären, die doch, wie bewiesen, die Tatsache betreffs der Pulsadern ge¬ nau kennen mußten? Daß es ihnen etwa an Beobachtungsgabe, Scharfsinn und Denkungstiefe fehlte, wird ihnen wohl kein aufmerk¬ samer Leser ihrer juridischen und ethischen Vernunftschlüsse nach- 3) Die alten Mediziner, wie Aretaeus, vollzogen ungern die Operation der Broncho- tomie, weil sie als Folge der Wunde Entzündung, Husten und Erstickung fürchteten, und weil sie glaubten, der Einschnitt in die Knorpel würde nicht heilen, selbst wenn die Gefahr der Erstickung überwunden wäre (Smith, Greek and Roman Antiquities, s. v. Chirurgia). Die Rabbinen hatten keine derartigen Bedenken. Im Laufe einer Er¬ örterung der durch Riß und Spaltung der Luft- und der Speiseröhre verursachten Gefahr¬ erstreckungen (vgl. Chullin III, i f., S. 45f.) wird ein Fall angeführt, in welchem die perforierte Luftröhre eines Lammes durch Einschieben eines Schilfrohrs geheilt wurde (das. 57b). 2*