Die traumatischen Verletzungen / von Carl Gussenbauer.

  • Gussenbauer, Carl, 1842-1903.
Date:
1880
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die traumatischen Verletzungen / von Carl Gussenbauer. Source: Wellcome Collection.

    79/344 (page 55)
    bares Mittel als die Tieflagerung des Kopfes bei horizontaler Rücken- lage des Verletzten. Sie reicht bei den leichteren Fällen des Shoks, wie sie gerade in Folge von Erschütterung auftreten, für sich allein aus. Der Erfolg ist häufig ein momentaner. ' Kaum hat man den Kopf herabgesenkt, so verschwindet die Blässe des Gesichtes, der Puls hebt sich, er wird kräftiger, voller, frequenter und regelmässiger. Gleichzeitig nimmt die Respiration an Frequenz und Tiefe der Athemzüge zu und der vorhin ganz regungs- lose Kranke fängt an die Augen aufzuschlagen, Bewegungen mit Händen und Füssen auszuführen. Bald kehrt das Bewusstsein zurück und da- mit ist meistens auch der Shok vorüber. Die Brechneigung schwindet dabei rasch und zum eigentlichen Erbrechen kommt es gar nicht. Man kann diesen raschen Erfolg der Tieflagerung des Kopfes zu Gunsten der von Fischer aufgestellten Hypothese über den Shok auslegen und ist es mir unbegreiflich, dass Fischer dieselbe bei der Behandlung des Shoks nicht einmal erwähnt. In den schwereren Formen des Shoks, namentlich wenn ihnen erheblichere Verletzungen zu Grunde liegen, ist es freilich mit der einfachen Tieflagerung des Kopfes nicht abgethan. Zwar wird man auch in diesen schweren Fällen einen stets merkbaren Einfluss auf die Circulation und die Respiration nicht vermissen, aber es dauert oft lange Zeit, bevor die Herzaction regelmässiger wird und die Athmung an Frequenz zunimmt. Dennoch ist die Tieflagerung des Kopfes auch in diesen schweren Fällen stets anzuempfehlen, nur muss sie mit einer gewissen Vorsicht gehandhabt werden. Bei diesen schwersten Formen des Shoks, wo die Herzthätigkeit bis auf das Aeusserste herabgesetzt ist und die Respiration oft erschreck- lich lange aussetzt, kommt es nämlich sehr leicht vor, dass eine venöse Hyperämie des Gehirns entsteht. Durch die Tieflagerung des Kopfes wird dem Gehirn zwar eine geringe Menge arteriellen Blutes, vorwie- gend aber doch venöses zugeführt. Da nun die Herzcontractionen sehr schwach und überdies in sehr langen und unregelmässigen Zeitinter- vallen aufeinander folgen, so entsteht dadurch eine venöse Hyperämie des Gehirns, die durch die Tieflagerung des Kopfes nur noch mehr begünstigt wird. Sie kündet sich durch eine mehr oder minder aus- gesprochene Cyanose der Lippenschleimhaut und der Haut des Ge- sichtes an, eine Erscheinung, welche leicht zur Controlirung des Ein- flusses, welchen die Tieflagerung des Kopfes hervorbringt, benutzt werden kann. In solchen Fällen wird man die Tieflagerung des Kopfes zeitweilig unterbrechen und durch Erheben desselben das Uebermass seiner Wirkung compensiren. Gebraucht man dieses Mittel in der an- gedeuteten Weise, dann wird man auch in diesen schweren Fällen des Shoks einen erheblichen Nutzen davon nicht vermissen. Von anderen Mitteln, welche rein mechanisch die ungleichmässige Blutvertheilung bekämpfen, als da sind Erheben und Streichen der Extremitäten, einfache und elastische Einwickelung derselben, Mitteln, welche ganz Ausserordentliches leisten, wenn es sich um blosse allge- meine oder cerebrale Anämien, insbesondere nach Blutverlusten handelt, wird man bei den durch blosse Erschütterung bedingten Shokerschei- nungen ganz Umgang nehmen, da es sich hier ja nicht um einen