Lehrbuch der Kinderheilkunde / von O. Heubner.

  • Heubner, Otto, 1843-1926.
Date:
1911
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Credit: Lehrbuch der Kinderheilkunde / von O. Heubner. Source: Wellcome Collection.

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    Ob die auch bei aller Vorsicht und bei gesundem Zustande von Mutter und Kind fast ausnahmslose „physiologische Gewichtsabnahme des Neugebore- nen mit dieser minderwertigen Beschaffenheit der ersten Nahrung zusammen- hängt, ist immerhin der Erwägung wert. Jedenfalls ist eine analoge Erscheinung der Milchdrüsenfunktion der Säugetiere ganz ebenso eigen, wie derjenigen des Menschen. — Daß sie an sich Gefahren für das Kind einschlösse, ist nach den Erfahrungen, die man bei gut gepflegten gesunden Müttern der besseren Stände zu machen Gelegenheit hat, kaum wahrscheinlich. Langstein und Niemann1) fanden bei neugeborenen Kindern (Ernährung mit abgezogener Frauenmilch) eine negative Stickstoffbilanz. Ungefähr mit der Zeit des puerperalen Zustandes, der Rück- bildung der weiblichen Genitalorgane nach der Geburt, schließt diese Periode der Kolostrumernährung des Säuglings ab. Von der zweiten Woche an liefert die mütterliche Brust eine Nahrung, deren chemische Beschaffenheit nun durch die Säugungszeit hindurch bei vielen Frauen ganz gleichmäßig bleibt, oder doch im Laufe der Monate nur so ge- ringfügig sich ändert, daß die betreffenden Schwankungen durch ent- gegengesetzte Abweichungen in der gelieferten Quantität leicht aus- geglichen werden. — Freilich darf man sich diese Gleichmäßigkeit nicht wie diejenige eines Mineralbrunnens vorstellen. Eine solche gibt es in der organischen Welt nicht. Sowohl zu den verschiedenen Tageszeiten, als auch besonders während der verschiedenen Phasen jeder einzelnen Darreichung der Brust gibt sie Flüssigkeiten her, deren Gehalt besonders an Fett stark untereinander differieren kann. So ist die am Ende jedes Saugens aus der Brust geholte Milch regelmäßig sehr viel fettreicher, als die am Anfang u. a. m. Nach Engel (Archiv für Kinderheilkunde, Bd. 43, S. 181fr., Bd. 53, S.241) ist die Milch im allgemeinen um so fettreicher, je schwerer sie aus der Brust entleert wird; eine Art Ausgleich zwischen Quantität und Nährwert des Sekretes. Wenn aber unter Berücksichtigung der in dieser Minsicht ge- machten Erfahrungen die Aufsammlung der Muttermilch in nicht zu kleinen Proben vorgenommen wird, so ergibt sich sowohl zwischen den verschiedenen Tagen derselben Brustdrüsensekretion, wie zwi- schen den Milchen verschiedener Frauen eine so große Übereinstim- mung, wie sie kaum bei irgendeinem anderen Nahrungsmittel, beson- ders einem animalischen, in gleicher Weise vorkommen dürfte. Man kann also die Resultate der zahlreichen, mit einwandfreien Methoden hergestellten neueren Analysen der Muttermilch mit allem Rechte dazu benützen, eine Normativbestimmung des Wertes der natürlichen