Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane / von Carl Schroeder.

Schroeder, Karl Ludwig Ernst, 1838-1887.

Date:: 1884

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Credit: Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane / von Carl Schroeder. Source: Wellcome Collection.

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Bei der wirklieben Hypospadie findet unwillkürlicher Harnab- fluss statt. Man muss aueb bier die Plastik einer Harnröhre ver- suchen, da die Erfahrung lehrt, dass jede nicht zu weite Harnröhre, auch wenn ihr ein Sphincter fehlt, wenigstens in etwas funetionirt. In seltenen Fällen kommt auch Mangel der Vulva vor bei normal entwickelten inneren Genitalien. Es mündet dann der Sinus urogenitalis in der Gegend der Vulva als einfache Oeffnung. In an- deren Fällen sind einzelne Theile der Vulva und zwar Labia majora und mioora, Clitoris oder Damm rudimentär entwickelt. Auch auf der kindlichen Form kann die Vulva stehen bleiben. Zu den weiblichen Entwickelungsfehlern gehört auch der weib- liche Hermaphroditismus, d.h. der Fehler, bei dem verbildete weibliche Genitalien männliche äussere Geschlechtstheile vortäuschen. Derartige Fälle, d. h. missbildete weibliche oder männliche Genita- lien, die Aehnlichkeit mit dem entgegengesetzten Geschlecht zeigen, wurden früher mit dem Ausdruck Hermaphroditismus transversus be- zeichnet. Als wahren Hermaphroditismus kann man nur die Fälle ansehen, in denen wohl charakterisirte Ovarien und Hoden an demselben Indi- viduum vorhanden sind. Dies kann — Hermaphrodilistnus lateralis — in der Weise stattfinden, dass auf der einen Seite ein Hode, auf der an- deren ein Eierstock ist; es kann sich aber auch — Rermaphroditismus androgynus bisexualis oder bilateralis — auf jeder Seite Eierstock und Hoden finden. Fast alle als wahrer Hermaphroditismus beschriebenen Fälle leiden an ungenügender Beobachtung. Nur der von Meyer') mit- getheilte Fall, der eingehend von Klebs'2) untersucht wurde, ist wohl, obgleich das Ovarium der rechten Seite nur sehr schlecht entwickelt war, als wirklicher Hermaphroditismus lateralis zu betrachten. Einen anderen ganz sicher festgestellten Fall, in dem in einem rechtsseitigen Inguinal- bruchsack ein Ovarientumor, Tube und Uterus unicornis lagen, während sich auf der linken Seite Hode, Nebenhode und Vas deferens befanden, hat Klotz 3) beschrieben. Den einzigen ganz sicher gestellten Fall von voll- ständigen weiblichen und männlichen Genitalien hat neuerdings Heppner4) beschrieben. Derselbe untersuchte die Genitalien eines zweimonatlichen Kindes, dessen äussere Geschlechtstheile sich, wie so oft, als männliche oder weibliche deuten Hessen: von den inneren waren die weiblichen am besten entwickelt, von den männlichen die Prostata und die beiden Ho- den (mikroskopisch als solche nachgewiesen) vorhanden. Die letzteren lagen neben dem gleichzeitig einen rudimentären Nebenhoden darstellen- den Parovarium. Waren somit in diesem Fall auch gleichzeitig männliche und weib- liche Geschlechtsdrüsen auf jeder Seite vorhanden, so kann von einem 1) Virchow's Archiv. XI. S. 420. 2) Handbuch d. pathol. Anat. IV. Lief. I. S. 728. 3) Aren. f. klin. Chir. XXIV. 4) Arch. f. Anat., Physiol. u. s. w. 1870. Nr. 6. S. 679.